Wie mich die Crucial T705 beinahe in den Wahnsinn getrieben hat
Hintergrund

Wie mich die Crucial T705 beinahe in den Wahnsinn getrieben hat

Kevin Hofer
19.4.2024

Hardware zu testen ist nicht immer einfach. Manchmal will es nicht klappen. Ein Blick hinter die Kulissen.

Für Digitec Galaxus teste ich seit einigen Jahren SSDs. Ehrlich gesagt ist das auf Dauer langweilig. Die T705 von Crucial hat mich jüngst nicht gelangweilt, sondern beinahe in den Wahnsinn getrieben. Es wollte mit dem Test einfach nicht klappen.

Aller Anfang ist schwer

Die T705 soll Crucial zurück an die Spitze der PCIe-5.0-SSDs katapultieren. Mit diesem Versprechen willige ich vor zirka zwei Monaten ein, das Teil zu testen. Leider erreicht mich mein Sample erst ein paar Wochen nach dem Release. Ich hab’s «nur» in die zweite Testcharge geschafft. Dass Crucial die derzeit schnellste Consumer-SSD abliefert, bestätigen mittlerweile diverse Tests.

Dennoch packe ich sie auf meine Testbench, auf der ich auch die Vorgängerin, die T700, getestet habe. Nach dem Booten zeigt mir ein Blick ins Programm CrystalDiskInfo: Die SSD unterstützt zwar PCIe 5.0, läuft aber nur mit PCIe 3.0.

Kann zwar PCIe 5.0, läuft aber nur mit dem veralteten PCIe-3.0-Standard.
Kann zwar PCIe 5.0, läuft aber nur mit dem veralteten PCIe-3.0-Standard.
Quelle: Kevin Hofer

Was ist hier los? Ich vermute, dass meine PCIe-Steckkarte verantwortlich ist. Zur Erklärung: Mein Asus ROG Maximus Z790 Hero Test-Mainboard unterstützt zwar PCIe 5.0, aber nur mit der beigelegten ROG Hyper M.2 Card. Die Karte muss an einem spezifischen Slot angeschlossen sein und auch die anderen M.2-SSDs müssen in den richtigen Slots sein, damit ich PCIe 5.0 nutzen kann. Was sich da Asus bei einem über 500 Fränkigen Mainboard überlegt hat, ist mir schleierhaft.

Ich kontrolliere mein Setup gemäss dem Handbuch des Mainboards. Alles ist korrekt. Auch die BIOS-Enstellungen stimmen. Ich probiere dennoch diverse Anschlüsse aus. Es hilft nichts: Die T705 läuft immer nur mit PCIe 3.0. Dies fördert jeweils auch ein kurzer Test mit CrystalDiskMark zutage: Die serielle Lesegeschwindigkeit beträgt 3500 Megabyte pro Sekunde (MB/s). Das ist schlicht nicht das Niveau von PCIe 5.0. Es sollten zumindest über 10 000 MB/s sein. Kurz überlege ich, die Testbench aus dem Fenster zu werfen, besinne mich dann aber eines besseren.

Die Hyper M.2 Card ist nötig, damit ich PCIe 5.0 nutzen kann. Das ist auch unpraktisch, weil dicke Grafikkarten dann keinen Platz haben.
Die Hyper M.2 Card ist nötig, damit ich PCIe 5.0 nutzen kann. Das ist auch unpraktisch, weil dicke Grafikkarten dann keinen Platz haben.
Quelle: Kevin Hofer

Kurze Euphorie

Stattdessen atme ich ein paar Mal tief durch und entschliesse mich, das Testsystem zu wechseln. Mein Gigabyte Aorus Elite AX X670 Test-Mainboard unterstützt PCIe 5.0 auch ohne Steckkarte. Statt Intel setze ich auf AMD, was mir persönlich sowieso besser gefällt. Mit dem Ryzen 7900X3D habe ich auch eine CPU drauf, die PCIe 5.0 unterstützt. Nach der Installation zeigt ein erneuter Blick in CrystalDiskInfo: Hier läuft die T705 korrekt. Auch ein erster Benchmark mit CrystalDiskMark stimmt mich positiv: über 14 000 MB/s erreiche ich. Passt.

Weitere Enttäuschungen

Ich mache mich daran, die weiteren Benchmarks meiner Testsuite durchzuführen. Bereits der Quick System Benchmark von PCMark 10 macht mich jedoch stutzig: Gerade mal rund 3500 Punkte liegen drin. Das ist schlechter als die meisten PCIe 4.0 SSDs. Im oben verlinkten Test von Computerbase hat die T705 knapp 5000 Punkte erreicht. Da kann etwas nicht stimmen.

Ich führe den Test erneut durch, mit demselben Ergebnis. Auch bei einem weiteren Benchmark sieht es nicht gut aus. Die Schreibleistung, bei der ich eine 10 Gigabyte grosse Datei aus einer RAM-Disk auf die SSD schreibe, fällt mit knapp 3500 MB/s flach aus. Bei leerem Füllstand sollten bei der T705 5500 MB/s drin liegen. Auch einmal Formatieren der SSD und eine halbe Stunde ruhen lassen bringt nichts. Ich vermute, dass etwas mit meinem Testsample nicht stimmt.

Ich hole mir deshalb eine neue T705 im Shop. Das Ergebnis ist aber dasselbe. WTF? Langsam beginne ich, an mir selbst zu zweifeln. Ich gebe aber nicht auf und wage es mit einer kompletten Neuinstallation von Windows 11. Auch das bringt nichts. Nein! Hätte ich nicht schon eine Halbglatze, hätte ich sie jetzt bestimmt.

Welchen Finger ich der T705 zeige, muss ich dir wohl nicht verraten.
Welchen Finger ich der T705 zeige, muss ich dir wohl nicht verraten.
Quelle: Kevin Hofer

Resignation

In der Folge baue ich meine Testbench mehrmals um. Ich versuche es gar mit anderen Prozessoren und steige kurzzeitig auch wieder auf meine Testbench mit Asus-Mainboard inklusive Windows-Neuinstallation um. Es bringt alles nichts. Die Ergebnisse bleiben unter den zu erwartenden.

Zig Stunden gehen bei der Fehlersuche drauf, gleich viele Falten gesellen sich zu den bestehenden in meinem Gesicht. Meiner Arbeitskollegin und meinen Arbeitskollegen erzähle ich über Tage von meinem Frust. Sie müssen es wohl auch langsam satt haben. Aber nicht nur auf der Arbeit mache ich mir Gedanken. Auch in meiner Freizeit denke ich darüber nach, was ich noch übersehen haben könnte. Nach insgesamt vier Tagen erfolglosen Versuchens gebe ich auf: T705, ich kapituliere.

Titelbild: Kevin Hofer

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